Viele Selbstständige und Gewerbetreibende erleben in ihrem ganzen Geschäftsleben keine einzige Steuerprüfung! Kein Wunder: Denn Solo-Selbstständige und Kleinstbetriebe mit …
- einem Jahresumsatz von bis zu 210.000 Euro und
- einem Jahresgewinn von weniger als 44.000 Euro
… erhalten statistisch gesehen bloß alle 90 Jahre Besuch vom Finanzamt! Auch die nächsthöhere Betriebsgrößenklasse der „Kleinbetriebe“ wird durchschnittlich nur alle 30 Jahre geprüft! Und selbst mittelständische Unternehmen müssen im Schnitt bloß einmal alle 15 Jahre mit Besuch vom Finanzamt rechnen! Erst bei Großunternehmen steigt die Prüffrequenz auf vier bis fünf Jahre.
Mit anderen Worten: Steuerprüfungen kommen objektiv sehr selten vor. Trotzdem: Treffen kann es aber jeden – und das jederzeit. Daher hängt die Prüfgefahr wie ein Damoklesschwert über Selbstständigen und ist entsprechend gefürchtet. Unbekanntes macht nun einmal Angst – auch und gerade den steuerehrlichen Zeitgenossen, die sich gar keiner Schuld bewusst sind.
Seltener Besuch
Ausführliche Informationen …
- zur Zahl der geprüften Betriebe,
- zu Prüfungsturnus, Prüfungszeitraum und Prüfungsdichte sowie
- dem Prüfungseinsatz und Mehrergebnis der Betriebsprüfungen
… bietet der jüngste Bericht des Bundesfinanzministeriums zu den Ergebnissen der steuerlichen Betriebsprüfungen. Über die aktuell geltenden Abgrenzungsmerkmale der verschiedenen Betriebsgrößenklassen informiert ein separates BMF-Schreiben.
Was kommt da bloß auf mich zu?
Die wichtigsten praktischen Aspekte zum Thema Steuerprüfung auf einen Blick:
- Allgemeine Außenprüfungen von Klein- und Kleinstunternehmen erstrecken sich in der Regel auf die letzten drei Steuerjahre, für die ein Steuerbescheid vorliegt. Derzeit werden also vor allem die Jahre 2016 bis 2018 geprüft.
- Über den genauen zeitlichen und sachlichen Umfang der Untersuchung werden Sie mit einer schriftlichen Prüfungsanordnung informiert.
- Da die Ankündigung normalerweise Wochen oder gar Monate vor Beginn der Prüfung eintrifft, haben Sie reichlich Zeit, sich vorzubereiten. Den genauen Zeitpunkt vereinbaren Sie ohnehin mit dem Prüfer. Wenn der Prüfzeitpunkt ungelegen kommt (zum Beispiel wegen eines Großauftrags oder Urlaubs), können Sie meist problemlos einen späteren Termin vereinbaren.
- Der Prüfer interessiert sich grundsätzlich für alle Steuerarten – insbesondere die Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer.
- Ort der Prüfungshandlungen muss nicht unbedingt Ihr Betrieb sein: Falls Sie zum Beispiel im Homeoffice arbeiten, kann die Prüfung der Aktenlage auch im Büro Ihres Steuerberaters oder am Arbeitsplatz des Prüfers im Finanzamt stattfinden.
- Wundern Sie sich nicht, wenn das Finanzamt eine erstaunlich lange Prüfdauer von einer Woche und mehr ankündigt. Der Prüfer bleibt nur solange es sein muss: Wenn alles glatt läuft, ist der ganze Spuk oft schon nach einen Tag wieder vorbei.
- Welche Dokumente und elektronischen Daten er benötigt, teilt Ihnen der Prüfer rechtzeitig mit. Besonders wichtig sind die Belege über Ein- und Ausgaben, Kontoauszüge, laufende Aufzeichnungen sowie Anlagenverzeichnisse und Verträge über größere Geschäfte.
Besonders heikel sind erfahrungsgemäß Ausgabenbereiche, bei denen ein Bezug zur Privatsphäre besteht. Das gilt vor allem für Firmenwagen, Reisekosten, Geschenke und Bewirtungen, Verträge mit Angehörigen oder auch ein zusätzliches häusliches Arbeitszimmer.
Mit oder ohne Steuerberater?
Sicher: Freiberufler und Kleingewerbetreibende mit kaufmännischen Grundlagenkenntnissen können ihre überschaubaren Buchführungs- und Steuerpflichten durchaus in Eigenregie erfüllen. Sobald die betrieblichen Steuerangelegenheiten komplizierter werden, sollten Sie aber lieber nicht am falschen Ende sparen. Denn für die meisten Selbstständigen lohnt es sich einfach nicht, in allen wichtigen Steuerfragen auf dem Laufenden zu bleiben.
Ganz abgesehen davon, dass gute Berater oft für Steuerersparnisse sorgen, die höher sind als ihr Honorar. Hinzu kommt: Die Rückendeckung eines erfahrenen Profis ist ausgesprochen beruhigend – im Alltag und erst recht während einer Steuerprüfung.
Immer mit der Ruhe
Ohne die Gefahren einer Steuerprüfung zu verharmlosen: Anlass zur Panik besteht nicht – ganz gleich, ob mit oder ohne Steuerberater:
- Wer seine Ein- und Ausgaben durch Belege nachweisen kann,
- die erforderlichen Aufzeichnungen (zum Beispiel mit WISO MeinBüro) erledigt,
- regelmäßig wahrheitsgemäße Steuererklärungen abgibt,
- auf Nachfragen mit dem Finanzamt kooperiert und
- die fälligen Steuern pünktlich bezahlt,
… hat die höchsten Hürden bereits überwunden. Denn Steuerprüfer haben normalerweise überhaupt kein Interesse daran, die Kuh zu schlachten, die sie melken sollen.
Ihr persönlicher Ehrgeiz, aus steuerehrlichen Klein- und Kleinstunternehmen den letzten Cent herauszupressen, hält sich auch in Grenzen. Bestimmte Vorgaben über zusätzlich einzutreibende Steuereinnahmen pro Prüfung gibt es nämlich nicht. Die verbreitete Sorge, dass bereits kleinste Formfehler zu horrenden Steuernachzahlungen führen, ist daher meistens völlig unbegründet!
Los geht‘s
Zurück zur Prüfpraxis: Bei seinem Eintreffen wird der Mitarbeiter des Finanzamts sich zunächst ausweisen und Sie darüber informieren, dass die Außenprüfung jetzt beginnt. Dieser Hinweis ist bedeutsam, weil ab diesem Zeitpunkt die strafbefreiende Selbstanzeige von Steuervergehen nicht mehr möglich ist.
Anschließend wird er sich ein wenig mit Ihnen unterhalten: Der Smalltalk dient einerseits dazu, Sie über das Vorgehen des Prüfers zu informieren. Außerdem verschafft er sich so einen ersten Eindruck von Ihrem Betrieb. Falls die Prüfung in Ihrem Unternehmen stattfindet, wird er mit Ihnen auch einen kleinen Betriebs-Rundgang machen wollen.
Dann lässt er sich von Ihnen seinen Arbeitsplatz zeigen und die erforderlichen Unterlagen geben. Die nächsten Stunden nutzt er, um sich einen Überblick verschaffen und Fragen sammeln. Danach haben Sie Gelegenheit …
- fehlende Unterlagen beizubringen,
- unklare Vorgänge zu erläutern und
- sonstige offene Fragen zu beantworten.
Wie lange die Prozedur dauert, hängt ganz von der Art und der Größe Ihres Unternehmens ab. Bei Freiberuflern und Kleinunternehmen ist sie oft schon innerhalb weniger Stunden erledigt.
Geschafft!
Beendet wird die Betriebsprüfung bei einem separaten Termin mit einer Schlussbesprechung. Über Termin und Inhalt der Schlussbesprechung werden Sie rechtzeitig informiert. So haben Sie die Gelegenheit, zu allen offengebliebenen oder strittigen Sachverhalten Stellung zu nehmen.
Je nach Umfang der Prüfung und Anzahl der erforderlichen Steueränderungen bekommen Sie nach wenigen Tagen oder einigen Wochen außerdem ein Schreiben über den Abschluss der Außenprüfung. Falls es zu Änderungen der Besteuerungsgrundlagen kommt, erhalten Sie zudem neue Steuerbescheide für die betreffenden Jahre und Steuerarten.
Mit Post vom Fiskus müssen Sie aber auch dann rechnen, wenn die Prüfung keine gravierenden finanziellen Folgen hat: Im Anschluss an Außenprüfungen werden nämlich die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheide endgültig. Auch darüber werden sie nach und nach informiert, sobald die Finanzverwaltung den jeweiligen Vorbehalt aufgehoben hat.